Können Pferdebesitzer darauf vertrauen, dass gutaussehende Ballen auch wirklich einer guten Qualität entsprechen?
Leider nein! Die Ergebnisse einiger Feldstudien sind erschreckend. Trotz des scheinbar guten Eindrucks erweisen sich viele geprüfte Heuballen als qualitativ mangelhaft.
Im Jahre 2007 entnahm die Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen 23 Heuproben, von denen 60% als unverfütterbar galten. Die Auswertung der LMU in München spiegelt ähnliche Ergebnisse wider. Nur 35% der entnommenen Heuproben galten dort als hygienisch unbedenklich. Grund dafür ist die stark erhöhte Keimbelastung.
Diese Proben sind leider kein Einzelfall. Viele weitere Studien weisen die gleichen Ergebnisse auf. Diese Ergebnisse unterstreichen nur die Notwendigkeit der Überprüfung des Raufutters.
Doch wie kann der Laie die Heuqualität erkennen und was genau beinhaltet der Begriff „Heuqualität“.
Was bedeutet der Begriff "Qualität" beim Heu?
Der Begriff der Futterqualität ist breit gefächert und beinhaltet:
- den Nährwert des Futters
- den hygienischen Status
- den mikrobiellen Status und
- die Futteraufnahme
Die Qualität des Futters steht vor allem im Fokus der Tiergesundheit und trägt zu einem hohen Maß zum Wohlbefinden des Tieres bei.
Dabei nehmen viele Faktoren Einfluss auf die Qualität des Raufutters. Zu den qualitätsbestimmenden Faktoren zählen neben den pflanzenbaulichen Maßnahmen wie Sortenwahl, Pflege, Düngung und Standort, auch Erntefaktoren wie Verdichtung, Lagerung und Entnahme.
Generell gilt, dass zu Gunsten der Tiergesundheit verdorbenes, mikrobiell kontaminiertes Raufutter nicht gefüttert werden darf.
Grundsätzlich gilt:
Bei unsachgerechter Zubereitung oder mit Giftpflanzen durchzogene Weiden/ Wiesen, die zur Grobfutterernte dienen, drohen Kontaminationen mit schädlichen Inhaltsstoffen, die zu Erkrankungen führen können. Nur wenn das Ausgangmaterial eine möglichst geringe Belastung an Mikroben aufweist (Bakterien, Pilze etc.), kann das Konservat als mikrobiell unbelastet gelten.
Wichtig ist daher die genaue Betrachtung des Heus auf Giftpflanzen. Diese werden, falls sie auf der Erntewiese vorhanden sind, mit konserviert und wirken weiterhin toxisch. Dazu gehört nicht nur das bekannte Jakobskreuzkraut, sondern auch die Herbstzeitlose, der Adlerfarn sowie der Sumpfschachtelhalm.
Des Weiteren ist bei der visuellen Betrachtung auf Verunreinigungen durch Sand oder Erde zu achten. Verunreinigungen, die durch die Ernte in unser Raufutter gelangen, können zu gastrointestinalen Problemen führen.
Ebenfalls sollte die Futterwiese frei von organischem Dünger sein.
Doch wie kann der Pferdebesitzer darüber hinaus erkennen, um welche Qualität es sich bei dem eigenen Raufutter handelt?
Beurteilungsmethoden des Raufutters
Um die Qualität des Raufutters beurteilen zu können, werden spezielle Analyseverfahren angewendet. Die Beurteilung kann auf chemischen und mikrobiellen Laboranalysen basieren und/oder einer sensorischen Prüfung unterliegen.
Bei der mikrobiellen/chemischen Prüfung handelt es sich um ein Verfahren, indem einzelne Proben des zu testenden Heus entnommen werden und zu einem Labor versandt werden. Dieses prüft das Heu auf unterschiedliche Parameter wie den Nährwert, gekennzeichnet durch die generellen Inhaltsstoffe, Mineralstoffe, Spurenelemente sowie die entsprechende Futterhygiene, die durch Keimzahlen, Mykotoxine sowie schädliche Unkräuter bestimmt wird. Je nach ausgewählten Parameter enthält der Pferdebesitzer eine detaillierte Aufstellung und Auswertung über die Probe.
Für den Pferdebesitzer ist dieses Verfahren sehr aufschlussreich, jedoch ebenfalls aufwendig und teuer. Daher kann der einzelne Pferdebesitzer, um sich einen groben Überblick über die Heuqualität zu verschaffen, die sensorische Prüfen des Grobfutters hinzuziehen.
Sensorischer Test:
- Botanische Zusammensetzung
Wir streben eine möglichst hohe Artenvielfalt der Pflanzen in unserem Heu an. Neben den vorkommenden Grassorten, wie die des bekannten deutschen Weidelgrases und den Rotschwingelsorten, streben wir zusätzlich eine hohe Besatzdichte an Kräutern an. Des Weiteren sollte unser Heu einen möglichst ausgewogenen Anteil von Stängeln zu Blüten aufzeigen. Die Stängel sind faserig und sorgen für genügend Kauschläge, während die Blüten den Rohproteinteil abdecken. Insgesamt sollte das Heu so zusammengesetzt sein, dass es alle nötigen Nährwerte für das Pferd enthält.
- Optimale Trockenmasse
Um Schimmel und Schimmelsporen vorzubeugen, muss das Heu mindestens bis zu einer Trockensubstanz von 84% getrocknet werden. Anderenfalls kommt es sehr schnell zur Schimmelpilzbildung. Auch muss das Heu deshalb fernab von Wasser und Regen gelagert werden. 16% Restfeuchte sind akzeptabel. Das Heu fühlt sich dennoch trocken und weich an.
- Geruchstest
Das Heu sollte keinesfalls schimmelig oder stockig riechen. Wird dieser Geruch wahrgenommen, ist das Heu bereits sehr stark kontaminiert und gilt als unverfütterbar.
- Staubtest
Um unsere Pferde vor Atemwegserkrankungen zu schützen, müssen wir auf eine möglichst staubfreie Raufütterung setzen. Beim Aufschütteln des Heus wird schnell ersichtlich, wie viele Staupartikel sich im Heu eingelagert haben.
- Farbe
Die Farbe ist nicht zwingend maßgebend für die Beurteilung der Qualität. Es kommt hier auf den Erntezeitpunkt, die Technik, den Trockenmassegehalt und die botanische Zusammensetzung der Futterweide an. Später geerntet, oder Heu von sonnigen Wiesen, weist meist einen blasseren Grünton auf, ist jedoch bedenkenlos zu verfüttern. Anders sieht es bei grauem Heu aus, dieses deutet stark auf Schimmel hin und darf keinenfalls verfüttert werden.
- Futteraufnahme
Auch die Futteraufnahme gehört kategorisch zur Futterqualität und spielt eine große Rolle. Pferde arbeiten höchst selektiv bei der Futteraufnahme. Dies ist Ihnen bestimmt schon einmal bei der Kraftfuttergabe aufgefallen. Doch auch das Raufutter wird unterschiedlich bevorzugt. Haben Sie schon einmal beobachtet, wie Ihr Pferd das Heu vor dem Verzehr in Wasser taucht? Oder bei der simultanen Vorlegung von Heulage, diese präferiert? Mehrere Studien belegen genau dieses selektive Raufutterverhalten. Es kann davon ausgegangen werden, dass Pferde den Staub in ihrem Raufutter meiden möchten.
Fazit:
Der Nährwert sowie der mikrobielle und hygienische Status des Raufutters kann nur eingeschränkt durch den einzelnen Pferdebesitzer visuell nachvollzogen werden.
Die Sinnesprüfung ermöglicht es in diesem Rahmen nur, das Raufutter auf Inhaltsstoffe, Fremdkörper und Verderbnis hinweisende Prozesse einzuschätzen. Schimmel und Schimmelsporen lassen sich nicht unbedingt über die visuelle Inspektion dedektieren. Geringere Mengen, welche trotzdem gesundheitsschädigend sind, können Sie weder riechen noch sehen. Daher beachten Sie bitte, dass die visuelle Inspektion zunächst nur eine grobe Einschätzung der hygienischen Qualität und des Nährwertgehaltes darstellt.
Idealerweise sollten chemische und mikrobielle Analysen hinzugezogen werden, da Faktoren wie Keimbelastung, Schimmelbefall, Nacherwärmung, Nährwerte etc. nicht erfasst werden, dennoch maßgeblich zur Qualität beitragen.
Quellen:
- Böhnke (2018): Einfluss der Grobfutterqualität und Art der Konservierung auf die Futteraufnahme und Akzeptanz bei Pferden.
Dr. W. Sommer, J. Möllering (2008): Pferdeheu oft mit hygienischen Mängeln
https://www.landwirtschaftskammer.de/landwirtschaft/tierproduktion/pferdehaltung/fuetterung/pferdeheu-2007.htm